Erinnerung an Fritz Raff

Auch uns in der AGRA hat die Nachricht vom Tode Fritz Raffs erschüttert. Wir trauern um den vom Journalismus geprägten Intendanten des Saarländischen Rundfunks. Ihm lag ein am Gemeinwohl orientierter öffentlich-rechtlicher Rundfunk am Herzen. Fritz Raff legte großen Wert auf journalistische Qualität und vergaß auch niemals, diese einzufordern. Obwohl ihn seine schwere Krankheit schon gezeichnet hatte, nahm er sich die Zeit, im Sommer 2010 an einem unserer AGRA-Treffen teilzunehmen und aktiv mitzudiskutieren: souverän, humorvoll, einnehmend, mit umfassendem Wissen und mit leidenschaftlichem Plädoyer für Solidarität innerhalb der ARD. Sein Eintreten auch für die Rolle der freien Mitarbeiter war vorbildlich. Wir werden Ihn und sein Engagement für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vermissen.

Scripted Reality geht weiter

Im WDR kursiert schon eine weitere Ausgabe des Fakes der Hauszeitschrift “WDR-Print”.
Es geht um Sendungen mit ausreichendem Etat, um Raumbelegungsgrundsätze und ARTE.

WDR-Print Vorderseite

WDR-Print-Rückseite

WDR-Mitarbeiterzeitung gefälscht

In einer nachgemachten WDR-Print haben bislang unidentifizierte Mitarbeiter Einblicke in die schöne Zukunft des WDR eröffnet. Weil viele Probleme viel leichter lösbar sind, wenn man aus der Zukunft zurückblickt, hat die Aktion Diskussionen (sogar hausintern) ausgelöst, die vorher nicht möglich schienen. Intendantin Monika Piel sah sich zu einer anerkennenden Reaktion aufgefordert. Scripted Reality funktioniert also auch gegen den Strom.

Presseschau

“Auferstanden von den Quoten” (spiegel.de)
Jauch abgesagt, Chefredakteur degradiert (Rheinische Post)
„Wende beim WDR“ – alles Fälschung (der Westen)
Was ein Spaß: Aufregung um gefälschte WDR-Zeitung (dwdl.de)

Der WDR sucht Fälscher seiner Hauszeitung (freienseiten.de)

Reaktionen auf die Saarbrücker Erklärung

Auf die Saarbrücker Erklärung der AGRA gab es drei Reaktionen.

  1. Der Personalratsvorsitzende von Radio Bremen, Bernd Graul, weist darauf hin, dass der in der Erklärung so genannte Dialog zu einem Trialog fortentwickelt werden sollte, da einige Regelungen tariflicher Abmachungen bedürfen.
  2. Der ARD-Vorsitzende Peter Boudgust (SWR) schrieb per Mail, der er den “Leitfaden Rohmaterial und ungesendetes Material” als PDF beifügte:

    Sehr geehrter Herr Berg,
    für die Übermittlung der Saarbrücker Erklärung der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse danke ich und möchte Ihnen hierauf, auch im Namen meiner Amtskolleginnen und -kollegen wie folgt antworten.

    Ich habe große Sympathie für Ihren Standpunkt, dass die Chancen einer stärkeren Vernetzung unserer Ausspielwege genutzt werden müssen, ohne dass dabei die journalistische Qualität unserer Angebote leidet. Es muss ja das Interesse und Ziel einer solchen Vernetzung sein, dass das Angebot verbessert und nicht verschlechtert wird.

    Ich stimme mit Ihnen auch darin überein, dass aus der technischen Verfügbarkeit des Materials nicht hergeleitet werden darf, dass andere Autoren sich hier schrankenlos für eigene Beiträge bedienen können. Soweit Sie allerdings aus dem Urheberrecht ein Recht des ersten Bearbeiterzugriffs und ein Bestimmungsrecht für denjenigen fordern, der das Material recherchiert hat, muss ich Ihnen widersprechen. Niemand soll unter Berufung auf seine Urheberschaft verbieten dürfen, dass die von ihm recherchierten Informationen oder aufgenommenen O-Töne durch andere Kolleginnen und Kollegen in einem anderen Programm gesendet werden. Das Material und die daran bestehenden Rechte einschließlich der Bearbeitung gehören der Rundfunkanstalt und nicht (mehr) dem Urheber oder der Redaktion, der er angehört. Es ist nicht mehr zu vertreten, dass mehrere Reporterteams dieselbe Arbeit machen oder dass Informationen nicht rechtzeitig über den Sender gehen, weil im Sender vorhandenes Material nicht entsprechend genutzt wird. Material muss zwischen den Redaktionen intensiv ausgetauscht und auf allen Sendeplätzen gespielt werden, auf denen es benötigt wird. Aber das stellen Sie ja gar nicht in Frage, sondern fordern verbindliche Spielregeln für die Übernahme. Und hier bin ich wieder bei Ihnen.

    Ich darf darauf verweisen, dass es z.B. im SWR bereits seit dem Jahr 2007 einen verbindlichen “Leitfaden zum Umgang mit Rohmaterial bzw. ungesendetem Material im SWR” gibt, wonach als Grundregel gilt, dass Rechercheergebnisse, Beiträge oder O-Töne nur nach vorheriger Absprache mit der herstellenden Redaktion verwendet werden dürfen, wobei die Nutzung des Materials jedoch nur aus wichtigen Gründen, die im Leitfaden beispielhaft genannt werden, abgelehnt werden darf.

    Gerne überlasse ich Ihnen diesen Leitfaden in der Anlage (pdf) zu diesem Schreiben.

    Mit freundlichen Grüßen

    Peter Boudgoust
    ARD-Vorsitzender
    Südwestrundfunk

  3. Der Intendant des NDR, Lutz Marmor, erläutert in seinem Schreiben (pdf) die Haltung des NDR, der in einer Vereinbarung den fairen Austausch von Material und Informationen geregelt hat. Besonders weist der Intendant auf die Vorteile hin, die mit der Bündelung von Recherchen einhergeht.

Saarbrücker Erklärung

Erklärung der AGRA zu Digitalisierung und Vernetzung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Digitalisierung und Vernetzung stellen die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten vor neue Herausforderungen. Die AGRA bekennt sich zu einer stärkeren Vernetzung von Fernsehen, Hörfunk und Multimedia. Ein Inseldenken einzelner Medien und Redaktionen ist im digitalen Zeitalter nicht mehr zeitgemäß. Die neue Technologie bringt, klug genutzt, Effizienz und stärkeres publizistisches Gewicht nicht nur für einzelne Formate, sondern für Sender als Ganzes.

Die Entwicklung erreicht eine neue Dimension, wenn Material über Produktionsserver vor der ersten Publikation unmittelbar für die Verwendung in anderen Medien und Formaten zur Verfügung steht. Arbeitsabläufe verändern sich. Neue Synergien werden möglich. Die AGRA, die Arbeitsgemeinschaft der Redakteursvertretungen bei ARD, ZDF und Deutschlandradio, warnt aber auch vor Gefahren für einen qualitätsbewussten Journalismus. Die Reflexion über einen verantwortungsbewussten Umgang mit den Möglichkeiten muss mit der technischen Entwicklung mithalten.

Die AGRA warnt vor einer fortschreitenden „Bearbeiterkultur“, in der aus Spargründen immer weniger Reporter recherchieren und Material beschaffen, das von immer mehr Bearbeiterpools weiter „formatiert“ wird. Diese Entwicklung geht auf Kosten von Kompetenz und journalistischer Vielfalt.

Beim Zugriff auf Material muss das Urheberrecht respektiert werden. Es gilt der Grundsatz: Urheber sind die besseren Bearbeiter. Besonders die Interessen der freien Mitarbeiter müssen beachtet werden.

Die AGRA fordert, dass besonders schützenswertes Material für den allgemeinen Zugriff gesperrt werden kann. Urheber sollten die Möglichkeit haben, bei der Erfassung ihres Materials Begleitnotizen beizufügen, wie etwa die Bitte um Benachrichtigung sowie wichtige Hinweise etwa zum Zusammenhang von Statements oder besonderen Vereinbarungen zum Sendetermin.

Eine Publikation von zentral vorliegendem Material ohne Absprache darf nicht erfolgen. Der Urheber muss informiert werden. Eine Vorabveröffentlichung setzt eine Vereinbarung zwischen den beteiligten Redaktionen voraus.

Ein verbindlicher Verhaltenskodex sollte zeitnah in allen öffentlich-rechtlichen Anstalten erarbeitet werden. Dies sollte im Dialog mit Personalräten und Redakteursvertretungen geschehen. Dabei soll auch nach Möglichkeiten gesucht werden, wie die Einhaltung des Kodex nachhaltig überwacht werden kann.

Kein Verbot der Berichterstattung aber auch keine Erlaubnis

Hessischer Rundfunk – Zoff wegen Brender-Berichterstattung [spiegel.de]

Beim Hessischen Rundfunk gibt es Ärger zwischen Redakteuren und dem Intendanten. Senderchef Helmut Reitze habe die Berichterstattung über den Fall Brender behindert, so der Vorwurf. Die Sender-Chefs sprechen von “Legendenbildung.”

Offener Brief an den ZDF-Verwaltungsrat

Am Freitag tagt in Berlin der Verwaltungsrat des ZDF. Auf der Tagesordnung steht die vom Intendanten vorgeschlagene Vertragsverlängerung des Chefredakteurs Nikolaus Brender. Gegen diesen Vorschlag gibt es politischen Widerstand, der von den CDU/CSU Ministerpräsidenten angeführt wird. In einem offenen Brief der Website telemedicus.info1, der am Donnerstag im ZDF übergeben werden soll, rufen alle Unterzeichner den Verwaltungsrat auf, die Kompetenzverteilungen des ZDF-Staatsvertrages zu achten und die Unabhängigkeit des Rundfunks zu bewahren.

Auch die AGRA hat am 12. März 2009 in einer Resolution vor einer Einflussnahme der Ministerpräsidenten auf die Besetzung des ZDF-Chefredakteurspostens gewarnt.

  1. Telemedicus ist ein juristisches Weblog mit dem Schwerpunkt Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht. Es wird durch den Verein Telemedicus e.V. von Studenten und Absolventen der Uni Münster in Kooperation mit der Fachzeitschrift Kommunikation & Recht und mit Unterstützung des Instituts für Informations- Telekommunikations- und Medienrecht betrieben.

Das AGRA-Wiki

Die AGRA-Seite im Wiki ist folgendermaßen gegliedert

  1. Rolle in der Zivilgesellschaft
  2. Ziele der AGRA
  3. Gründungsprozess
  4. Öffentlich-rechtlicher Programmauftrag
  5. Sprecher der AGRA
  6. Veröffentlichungen
  7. Einzelnachweise
  8. Literatur
  9. Weblinks

Münchener Beschluss

Die Programmmitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben auf ihrer turnusmäßigen Tagung in München am 12. Mai 2009 von den Intendanten klar nachvollziehbare Strategien als Reaktion auf die immer knapper werdenden Finanzmittel eingefordert. An Stelle von oft willkürlich erscheinenden Maßnahmen müssen Konzepte mit Perspektive und Prioritäten treten; Einschnitte ins Programmangebot dürfen den öffentlich-rechtlichen Auftrag nicht angreifen.
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AGRA ist online!

Die Arbeitsgemeinschaft der Redakteursausschüsse (AGRA) ist eine Plattform, auf der sich die Redakteursvertreter von ARD, Deutschlandradio, DW und ZDF austauschen. Sie ist ein Zusammenschluss der journalistischen und künstlerischen Programmmitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Deutschlands. Die Redakteursmitwirkung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat Verfassungsrang und ist in mehreren Bundesländern gesetzlich festgeschrieben.