Mehr redaktionelle Expertise für redaktionelle Arbeit!

AGRA kritisiert das ARD-Kommunikationsdesaster in der Sache Thilo Mischke/ttt und fordert verbriefte Mitspracherechte für den „Maschinenraum“

Die Debatte um die Nachfolge von Max Moor bei der ARD-Kultursendung ttt – Titel, Thesen, Temperamente wirft kein gutes Licht auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Kurz vor Weihnachten war Thilo Mischke als zweites Gesicht der Sendung neben Siham El-Maimouni präsentiert worden, außerdem sollte er einen geplanten ttt-Podcast hosten (gemeinsam mit Jule Lobo). Anfang Januar wurde nach massiver Kritik an Mischke die Entscheidung für ihn als neuen zweiten ttt-Moderator wieder rückgängig gemacht. Der Vorgang hat nicht nur Thilo Mischke beschädigt, sondern vor allem die ARD.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht ohne Not schlecht da. Zum einen durch eine mangelhafte, verzagte Krisenkommunikation, in der niemand von den direkt Verantwortlichen für die Entscheidung Verantwortung übernommen und sie erklärt hat. ARD-Programmdirektorin Christine Strobl hat sich zwar geäußert, das aber nur vage und mit Verweis darauf, dass sie mit der Sache nichts zu tun hatte.

Wir Journalistinnen und Journalisten in den Rundfunkanstalten erwarten von Behörden und Unternehmen zügige Rückmeldungen und vor allem Antworten auf unsere Fragen, das Medienunternehmen ARD aber selbst schafft es nicht, zeitnah auf öffentliche Kritik angemessen zu reagieren. Das ist für uns als AGRA ein Armutszeugnis.

Zum anderen hätte sich die ARD durch eine bessere und informiertere Entscheidungsfindung die ganze Debatte ersparen können – die absehbare Kritik an Thilo Mischke wurde offenbar unterschätzt, obwohl sie intern von Leuten aus den Redaktionen geäußert wurde. Die SZ sprach von einer „massiven Kluft“ zwischen Redaktionen und Führung, die FAZ erkannte „derart erschreckende Zustände innerhalb der ARD, dass man die Programmverantwortlichen damit nicht davonkommen lassen sollte.“

Die AGRA fordert deshalb, tatsächlich Lehren aus dem Findungs- und Kommunikationsdesaster zu ziehen – durch Übernahme von Verantwortung durch die Verantwortlichen und durch verbriefte Mitspracherechte des „Maschinenraums“ bei künftigen Personal- oder Richtungsentscheidungen. Die Redaktionen müssen aus ihrer Erfahrung und aufgrund ihrer Expertise Voten abgeben können, die von den Verantwortlichen nicht ohne Weiteres übergangen werden können, sondern zu denen sie sich qualifiziert verhalten müssen. Das ließe sich über einheitliche, starke Redaktionsstatute regeln, für die sich die AGRA seit langem einsetzt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.